Meinung

Der Abschuss der Iljuschin – eine bisher übersehene deutsche Variante

Wer hat die Rakete abfeuern lassen, die ein Flugzeug mit 65 ukrainischen Kriegsgefangenen vom Himmel holte? Es gibt genau vier Patriot-Systeme in der Ukraine. Zwei davon wurden aus den Vereinigten Staaten geliefert. Die anderen zwei? Aus Deutschland.
Der Abschuss der Iljuschin – eine bisher übersehene deutsche VarianteQuelle: www.globallookpress.com © Sebastian Gollnow

Von Dagmar Henn

Es hat einige Zeit gedauert, aber nun scheint klar zu sein, dass der Abschuss des Transportflugzeugs, das ukrainische Kriegsgefangene zum Austausch bringen sollte, mit Patriot-Raketen erfolgt ist.

Schon sehr bald nach Bekanntwerden dieses Angriffs kursierten eine ganze Reihe von Theorien. Auffällig war, dass die ersten Aussagen aus Kiew, nach kurzfristigem Jubel über den vermeintlichen Erfolg, ungewöhnlich lange auf sich warten ließen. In anderen Fällen, wie beispielsweise im Fall der malaysischen MH17, waren die Stellungnahmen so schnell draußen, dass sie im Grunde schon fertig in den Schubladen gelegen haben müssen. Diesmal erfolgten sogar inhaltlich unterschiedliche Aussagen. Die einen erklärten, sie hätten nichts von einem Austausch gewusst, andere, da seien gar keine Kriegsgefangenen im Flieger gewesen, sondern er hätte Raketen liefern sollen (eine Behauptung, die das im Internet zu findende Video vom Absturz klar widerlegt, weil es nur eine Treibstoffexplosion gab, und keine zusätzlichen Explosionen, wie sie bei Munition typisch sind). Oder, man habe davon gewusst, aber nicht von der Route. In Kiew waren jedenfalls ungewöhnlich viele überrascht.

Allein die Reichweite der verwendeten Raketen zeigte bereits, dass es sich um aus dem Westen geliefertes Material handeln musste. Klar, die westliche Presse tat so, als hätte das nichts zu bedeuten. Aber es gibt gerade bei komplexeren Ausrüstungsgegenständen immer diesen blinden Fleck; es wird so getan, als sei das Thema mit der Lieferung abgeschlossen, doch stellt sich schon bei Panzern die Frage, ob das wirklich alles Ukrainer sind, die dieses Material bedienen, oder nicht westliche Söldner, wenn nicht gar "Söldner", die Leiharbeitervariante aus westlichen Armeen.

Weder die Patriot-Systeme noch die Iris-T, die Deutschland geliefert hat, sind simpel genug, dass sie nach einer kurzen Einweisung bedient werden können, und Luftabwehrsysteme sind derart zentral in diesem Konflikt, dass Parteien, die ein Interesse an seiner Fortsetzung haben, wie US-Amerikaner und Deutsche, sie kaum in nicht funktionsfähigem Zustand in der Ukraine abstellen würden. Jedes dieser Geräte wird mindestens zwei oder drei Leiharbeiter mit einschließen.

Genau aus diesem Grund kursierten auch vielerlei Theorien, wer warum auf dieses Flugzeug geschossen haben könnte. Die Franzosen vielleicht? Die Briten? Die Amerikaner? Ausnahmsweise ist die Ukraine, wenn man die chaotische Reaktion betrachtet, vergleichsweise außen vor. Aber es gibt noch andere Verdächtige, die bisher noch gar nicht erwähnt wurden. Was, wenn es Deutsche waren?

Immerhin, nach Angaben der Bundesregierung hat Deutschland "2 Luftverteidigungssysteme PATRIOT, PATRIOT Flugkörper und 2 PATRIOT Startgeräte" an die Ukraine geliefert. Die Niederlande etwa haben nur Startgeräte geliefert.

Am 21.12.2022, so das englischsprachige Wikipedia, erklärte US-Präsident Joe Biden, die USA würden ein Patriot-System an die Ukraine liefern, mit der Bemerkung, es werde Monate dauern, um die Dutzenden Soldaten auszubilden, die es brauche, um das System zu bedienen; die Ausbildung erfolge in Deutschland. Am 5. Januar 2023 erklärte daraufhin die Regierung Scholz, man werde ebenfalls ein Patriot-System in die Ukraine schicken. Am 19. April meldete die Bundesregierung, es sei ausgeliefert. Am 27. April hieß es, ein zweites System sei aus den USA geliefert worden. Am 29. August erklärte wiederum Deutschland, es werde ein weiteres System geliefert, das dann am 13. Dezember in der Ukraine eintraf. Vier Systeme, zwei davon deutsch, zwei davon US-amerikanisch. Eines davon hat die Rakete auf die Iljuschin abgefeuert.

Nun ist so ein System ziemlich kompliziert. Interessant ist dabei, was das englische Wikipedia über Katar schreibt. Dorthin wurde 2012 ein solches System geliefert; aber erst im November 2018 wurde es für einsatzbereit erklärt. Wenn man nicht davon ausgeht, dass man in Katar besonders ungeschickt ist, gibt das einen Hinweis darauf, wie lange es wirklich dauert, bis man eine voll ausgebildete Mannschaft zur Bedienung eines solchen Systems beieinander hat.

Es geht ja nicht nur um ein einfaches Raketenabschussgerät. Auch wenn es in der Beschreibung des Systems nicht steht, kann man vermutlich davon ausgehen, dass dieses Abschussgerät alleine zumindest eine minimale Funktionsfähigkeit besitzt, wie bei dem alten sowjetischen BUK-System, sich diese Funktionsfähigkeit aber auf die unmittelbare Nähe beschränkt, weil es zur Steuerung über ein Umfeld von wenigen Kilometern hinaus eben das große Radar des Systems braucht. Das aber heißt dann, eine ganze Gruppe schwerer LKW, je einer für das Multifunktionsradar, die Antennenmastanlage, den Feuerleitstand mit der ganzen Technik, eventuell noch einem Gefechtsstand und vor allem zwei Generatoren.

Eine Ausbildung über mehrere Monate, wie sie beschrieben wird, braucht es schon, damit diese ganzen Gerätschaften auf- und abgebaut werden können. Das muss nämlich in der Regel schnell gehen, vor allem das Abbauen, weil spätestens mit dem Abfeuern einer Rakete die Stellung identifiziert ist, wenn nicht schon das Radarsignal geortet wird. Die unterschiedlichen Elemente müssen nicht eng beieinander stehen, aber sie müssen alle miteinander regelmäßig den Standort wechseln, und zwar deutlich schneller, als man sich das zur Zeit der Entwicklung dieses Systems 1969 einmal vorstellte; von Drohnen oder anderen heutigen Aufklärungstechniken war damals noch nicht die Rede.

Die Bundeswehr hatte die Patriot-Systeme seit 1989 in Gebrauch. Und nun die spannende Frage: kann man davon ausgehen, dass über dreißig Jahre und einige Modernisierungsschübe hinweg (schließlich kann heute ein Handy das, wofür man 1990 noch einen großen Rechner benötigte) diese in Deutschland eingesetzten Patriot-Systeme tatsächlich vollständig auf Englisch betrieben werden? Und in jeder Hinsicht mit der in den USA verwendeten Version identisch sind? Schon allein die Tatsache, dass die deutsche Variante auf MAN-Lkws montiert wurde, weckt daran Zweifel. Wenn allerdings dieses System an seinen Einsatz in Deutschland angepasst wurde, auch bei der Beschriftung unterschiedlicher Bedienelemente, dann ist es nicht mehr ohne Weiteres möglich, beispielsweise eine US-amerikanische Bedienmannschaft in ein deutsches Gerät zu setzen.

Was dann bedeuten würde, dass mit den deutschen Patriots auch deutsches Personal unterwegs ist. Was aber wiederum heißt, dass es einen möglichen deutschen Zugriff auf die Bedienung dieser Raketen gäbe.

Wohlgemerkt, das ist eine Hypothese, und vielleicht irre ich mich vollkommen, und diese Systeme könnten tatsächlich problemlos von der einen NATO-Armee zur anderen geschoben werden, von Deutschland nach Polen und weiter in die Ukraine, ohne dass Betriebssysteme ausgetauscht oder Veränderungen eventuell rückgängig gemacht werden müssten; offiziell wurde ohnehin noch nie zugegeben, dass es überhaupt Deutsche in der Ukraine gibt, nicht einmal in der "Urlaubs"-Variante.

Aber da gibt es diesen General Freuding. Der ist in der Bundeswehr für das ganze Thema Ukraine zuständig, was heißt, sollte es derartige deutsche "Urlauber" geben, um aus Deutschland gelieferte Gerätschaften zu bedienen, dann ist das sein Kommando. Und Freuding war der Adjutant von Ursula von der Leyen, als diese Verteidigungsministerin war, und in diese Zeit fallen all die eigenartigen Ereignisse, angefangen mit den vermeintlichen OSZE-Beobachtern in Slawjansk, die in Wirklichkeit als Militärberater unterwegs waren und aus bis heute ungeklärten Gründen in Zivil und trotz entsprechender Karte zu einer Straßensperre der Donbass-Milizen fuhren, als auch von der Leyens Versuch, deutsche Fallschirmjäger in den Donbass zu schicken; alles sehr seltsam, nie wirklich geklärt, und immer unter Beteiligung von Herrn Freuding …

Schon damals, 2014, warf diese "OSZE"-Geschichte die Frage auf, wer das Ganze angerichtet hatte, denn die Vorschriften des Wiener Abkommens, für dessen Umsetzung sie in die Ukraine gekommen sein sollen, sind da ganz eindeutig: Uniform und Namensschild, die ganze Zeit über. Und jeder Soldat, der bei den Belehrungen über das Kriegsvölkerrecht aufgepasst hat, wird nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen bereit sein, sich in Zivil auch nur in die Nähe eines Krisengebiets zu begeben – weil damit der gesamte Schutz der Genfer Konventionen entfällt.

Gleich, wie tief Freuding damals in die Geschichte involviert war, es war eine wirklich suspekte Sache, um deren Aufklärung man sich nie bemühte. Sodass man bis heute nicht sagen kann, wer involviert war und wer das ganze Spektakel ausgelöst hatte. War es von der Leyen? Waren es die Amerikaner? War die gesamte damalige Bundesregierung informiert oder nicht?

Bei dieser Vorgeschichte kann man jedenfalls nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass Freuding nicht irgendetwas veranstalten könnte, das nicht so ganz rechtens oder in Übereinstimmung mit der Befehlskette ist. Was, wenn er, oder jene Personen, in deren Nähe er sich damals befand, wie die mittlerweile zur EU-Kommissionspräsidentin aufgestiegene Ursula von der Leyen, eine derartige Verwendung der Patriot für nützlich hielten?

Da muss man sich natürlich fragen, welches Motiv es denn geben könne. Das erste denkbare Motiv ist wohl durch den bisherigen Ablauf der Ereignisse bereits widerlegt. Das wäre nämlich gewesen, durch einen solchen Vorfall – die Ukraine schießt ihre eigenen Kriegsgefangenen ab – eine Hintertür zu öffnen, um elegant aus dem Projekt Ukraine auszusteigen, das unübersehbar vor dem Scheitern steht. Schließlich wirft man jetzt nur noch zusätzliches Geld in ein großes Loch, ohne irgendeinen geopolitischen Nutzen daraus zu ziehen, und die Erfahrung lehrt, dass die USA, wenn sie denn beschlossen haben, dass ein Projekt nutzlos geworden sei, sehr schnell und ohne allzu große Rücksicht auf Verbündete abziehen. Aber wenn es so gewesen wäre, dann hätte es in Deutschland eine andere Berichterstattung gegeben, und man hätte die Anwesenheit der Kriegsgefangenen nicht mit Unfug wie "transportierten Raketen" verdeckt.

Das zweite mögliche Motiv ist nun etwas komplizierter und könnte auch als leise Drohung in Richtung der Vereinigten Staaten gesehen werden. In diesem Fall keine Drohung von Menschen, die auf deutsche Souveränität Wert legen, sondern von solchen, die mit allen Mitteln dafür sorgen wollen, dass dieser Krieg weitergeht und bitte auch die Amis weiterhin Geld und Waffen dorthin schaufeln. Eine Drohung, weil die ganze Handlung auf Eskalation zielt, eine Eskalation in Europa, während die Neocons gerade vom Krieg gegen den Iran träumen und die US-Politiker, die nicht Teil der Neocon-Blase sind, den Ausgang aus dem Projekt Ukraine suchen, und die Bewilligung der 61 Milliarden für die Ukraine zunehmend unwahrscheinlicher wird. Und wer hätte das größte materielle Interesse, die USA weiter an die Finanzierung der Ukraine zu binden? Derjenige, der sie auf der Rechnung hätte, sollten sie sich zurückziehen.

Ein solches Verhalten würde selbst in der mittlerweile wirren deutschen Politik mit wenigem zusammenpassen, aber mit diesen eigenartigen Ereignissen im Jahr 2014, als Flintenuschi das KSK nach Slawjansk schicken wollte, noch ehe der damalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko seine Bombenkampagne gegen den Donbass begann.

Nun, wenn man wollte, könnte man vermutlich herausfinden, wessen Rakete das war. Patriot-Raketen sind schließlich keine Handgranaten, die kosten pro Stück bis zu 8 Millionen US-Dollar, so etwas hat eine Seriennummer, über die Buch geführt wird. Die Lieferanten der Patriot-Raketen könnten, so sie es wollten, schnell herausfinden, aus welchem Land diese Rakete an die Ukraine geliefert wurde, und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch, wessen Mannschaft das Gerät bedient beziehungsweise über dessen Einsatz entschieden hat. Wenn man es denn wollte. Russland dürfte vermutlich kein Problem damit haben, diese Nummer weiterzugeben, so sie gefunden wird.

Es wäre ohnehin interessant, einmal nachzubohren, ob sich die Bundesregierung überhaupt dafür interessiert, was mit dem von ihr gelieferten Gerät angerichtet wird. Da gibt es ja immer wieder auch den Beschuss von Donezk, bei dem die eindeutig aus dem Westen stammenden 155-Millimeter-Granaten einschlugen. Dann sind da noch fünf Raketenwerfer Mars II, die sich von den bekannteren HIMARS nur durch ein schwereres Fahrgestell unterscheiden. Viele nie gestellte Fragen.

Aber es ließe sich klären, von welchem der vier Patriot-Systeme diese Rakete ausgegangen ist; die Bundesregierung könnte sicher nachfragen, wo genau sich die beiden aus Deutschland gelieferten an diesem Tag zu dieser Stunde befanden. Die Opfer waren in diesem Fall schließlich vor allem Ukrainer, die man doch angeblich so gerne schützen will, und keine Russen, wie die Einwohner von Donezk, für deren Leid sich diese Bundesregierung ohnehin nicht interessiert. Ebenso wenig wie jene Bundesregierung, der damals auch von der Leyen angehörte, die schon allein durch ihr Schweigen zum 2. Mai 2014 in Odessa die Lunte für den ukrainischen Krieg mit gelegt hat.

Nun, spätestens in einem Vierteljahrhundert, wenn die US-amerikanischen Akten von heute geöffnet sind, wird man herausfinden können, wessen Raketen von wessen Personal abgefeuert wurden. Die Scholz-Regierung wird weiter so tun, als habe sie mit nichts etwas zu tun, wisse nichts, aber wird fleißig weiter Geld nach Kiew schicken, das sie ihren Bürgern aus der Tasche zieht. Und wer auch immer es war, der diese Patriot-Raketen abgefeuert hat, kann sich zumindest hinter der Tatsache verbergen, dass es Deutsche hätten sein können, weil niemand tief genug nachbohrt, auch nur ein Dementi zu erzwingen.

Mehr zum Thema - Die Beutegierigen – Ein Blick auf das Berliner Kriegskabinett

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.