Deutschland

Mindestlohn steigt um ganze 41 Cent – Gewerkschaften empört

Der gesetzliche Mindestlohn soll auf Vorschlag der Mindestlohnkommission zunächst um 41 Cent angehoben werden. Sozialverbände hatten zuvor eine Erhöhung von 12 auf 14 Euro gefordert. Kritik kam unter anderem von Gewerkschaften, die gegen den Vorschlag stimmten.
Mindestlohn steigt um ganze 41 Cent – Gewerkschaften empörtQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Heike Lyding

Der gesetzliche Mindestlohn soll auf Vorschlag der Mindestlohnkommission zunächst um 41 Cent angehoben werden. Zum 1. Januar 2024 soll der Mindestlohn von 12,00 auf 12,41 Euro und ein Jahr später auf 12,82 Euro angehoben werden. Dies hatte die zuständige Mindestlohnkommission empfohlen.

Allerdings wurde der Vorschlag diesmal nicht einvernehmlich getroffen. In der Mindestlohnkommission scheint es gewaltig zu knirschen: Die Arbeitnehmervertreter in dem Gremium tragen den Entschluss nicht mit, nach eigenen Angaben wurden sie in der Kommission überstimmt. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der auch Mitglied der Mindestlohnkommission ist, erklärte am Montag in Berlin:

"Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen."

Mit dem Beschluss erlitten die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust.

"Um einen Mindestschutz und einen Ausgleich der Inflation zu gewährleisten, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert."

Die Vorsitzende der Mindestlohnkommission Christiane Schönefeld erklärte bei einer Pressekonferenz in Berlin, dass die Postionen sehr weit auseinandergelegen hätten. Die Verhandlungen hätten bis in die frühen Morgenstunden gedauert. Die Kommission hält die Entscheidung dennoch für "ausgewogen":

"Die Beschlussfassung fällt in eine Zeit schwachen Wirtschaftswachstums und anhaltend hoher Inflation in Deutschland, die für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen darstellen."

Kritik an der Entscheidung kam unterdessen von Gewerkschaften und Ökonomen: Der DGB bezeichnete es als "vollkommen aberwitzig", dass die Arbeitgeber als Basis für die nächste Erhöhung nicht den aktuell vom Gesetzgeber festgelegten Mindestlohn von zwölf Euro angesetzt haben. Mit dem neuen Beschluss gehen die Arbeitgeber stattdessen vom alten Mindestlohn in Höhe von 10,45 Euro aus. Die Ampelkoalition hatte den Mindestlohn zuletzt außer der Reihe per Gesetz und ohne Konsultation der Mindestlohnkommission auf zwölf Euro angehoben.

"Das kommt einer Missachtung des Gesetzgebers gleich, der vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation die zwölf Euro festgelegt hatte, um den Mindestlohn armutsfest zu gestalten."

Für Thorsten Schulten, den Leiter des Bereichs Arbeitsmarkt- und Tarifpolitik am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI), ist die Entscheidung ein Skandal, da die Kommission von der bisherigen Praxis abwich, einen Kompromiss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu finden. Der Berliner Zeitung erklärte er, dass die Arbeitgeber "sich mit der Entscheidung selbst ins Knie schießen". In einigen Branchen dürfte es bei der geringen Lohnerhöhung schwierig werden, geeignetes Fachpersonal zu finden. Auch gesamtwirtschaftlich wurde der Kaufkraftverlust fortgeschrieben, obwohl sich Deutschland in einer Rezession befindet. Man sollte daher darüber nachdenken, das bisherige Verfahren zu reformieren, da strukturelle Erhöhungen des Mindestlohns im Rahmen der Kommission offensichtlich nicht möglich seien.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher betonte, dass dies für die Beschäftigten im Niedriglohnsektor eine "bittere Enttäuschung" sei, da mit der Erhöhung um 41 Cent nicht einmal die durchschnittliche Inflation von sieben Prozent von 2022 ausgeglichen werde.

Trotz des Konflikts in der Mindestlohnkommission will die Regierung am bisherigen Prozedere festhalten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) teilte mit, den Beschluss der Mindestlohnkommission umzusetzen. "Ich weiß, dass sich die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften durchaus einen höheren Mindestlohn gewünscht hätten", sagte Heil. Die Alternative sei allerdings keine Erhöhung des Mindestlohns gewesen, was angesichts der Inflationsentwicklung nicht verantwortbar gewesen sei.

Bis Ende 2024 muss in der Bundesrepublik die EU-Mindestlohnrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden, wonach die Mindestlöhne in der Europäischen Union mindestens 60 Prozent des Medianlohns von Vollzeitbeschäftigten erreichen sollen. Dies würde hierzulande einem Mindestlohn von 14 Euro entsprechen.

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