Meinung

Die NATO hat sich seit 2014 darauf vorbereitet, in der Ukraine Krieg gegen Russland zu führen

Der Generalsekretär der NATO ließ kürzlich die Katze aus dem Sack: Die Worte von Jens Stoltenberg stärken alle Argumente, die für Moskaus Militäroperation in der Ukraine sprechen. Die von den USA geführte Militärallianz bereitete sich seit 2014 auf einen Stellvertreterkonflikt mit Russland vor.
Die NATO hat sich seit 2014 darauf vorbereitet, in der Ukraine Krieg gegen Russland zu führenQuelle: www.globallookpress.com © Serhii Hudak / Ukrinform / Keystone Press Agency

von Robert Bridge

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mag am vergangenen Mittwoch den leisen Teil laut ausgesprochen haben, als er Journalisten bekannt gab, dass der Vorstoß der NATO nach Osteuropa seit 2014 speziell mit Blick auf Russland erfolgt sei.

"Die Realität ist, dass wir uns seit 2014 darauf vorbereitet haben", sagte er. "Das ist der Grund, warum wir unsere Präsenz im östlichen Teil des Bündnisses verstärkt haben, warum die NATO-Verbündeten begonnen haben, mehr in ihre Verteidigung zu investieren, und warum wir unsere Verteidigungsbereitschaft erhöht haben." Der NATO-Chef bestand zudem weiterhin darauf, dass Russland "seit 2014 Gewalt im östlichen Donbass anwendet".

Was er jedoch nicht erwähnte, war die Rolle der westlichen Mächte beim Ausbruch der zivilen Gewalt in Kiew im Februar 2014, die zum nachfolgenden Regierungssturz durch den Maidan und letztendlich zur aktuellen Situation in der Ukraine geführt hatte. Die USA und ihr Einfluss in der Ukraine, der durch von ihnen finanzierte "zivilgesellschaftliche" Gruppen kanalisiert wurde, waren größtenteils für dieses Chaos verantwortlich.

Sogar Victoria "F**k die EU" Nuland – damals stellvertretende US-Außenministerin für europäische und eurasische Angelegenheiten – gab dies im April 2014 zu, als sie verkündete, dass Washington fünf Milliarden US-Dollar in die "Förderung der Demokratie" in der Ukraine investiert habe – wahrscheinlich weil solche Bemühungen früher auch schon so gut funktioniert haben.

Russlands größtes "Verbrechen" bestand damals darin, Kiew einen alternativen Weg zur nationalen Entwicklung zu eröffnen. Die diplomatischen Streitkräfte der USA reagierten am 21. November 2013 unverzüglich, als die Regierung des damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch die überraschende Entscheidung traf, das vom Westen geforderte Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine nicht zu unterzeichnen, und sich stattdessen für engere Beziehungen zu Russland und der Eurasischen Wirtschaftsunion entschied. Genau an dieser Stelle wurde das ganze Gerede über den "Aufbau einer Demokratie" als Lüge entlarvt.

"Es wäre eine große Schande, mitansehen zu müssen, wie fünf Jahre Arbeit und Vorbereitung vergeudet werden, wenn das Assoziierungsabkommen nicht in naher Zukunft unterzeichnet wird", sagte Nuland am 13. Dezember 2013 bei einer Konferenz einer US-amerikanisch-ukrainischen Stiftung. "Somit ist die Zeit gekommen, diese Arbeit zu einem Ende zu führen." Das klang eher nach einer impliziten Drohung und weniger nach einem Appell an demokratische Prinzipien. Wie die Ukraine bald feststellen sollte, betrachtet Washington nur jene Länder als "demokratisch", die seinem Willen gehorchen.

Während Nuland inmitten der Maidan-Schlachten mehrere Reisen nach Kiew unternahm und in Begleitung von John McCain und dem US-Botschafter Kekse an die Demonstranten verteilte, geschahen sehr seltsame Dinge, die nie angemessen erklärt wurden.

Bis heute sind die Ermittlungen gegen die berüchtigten "Scharfschützen des Maidan", die Dutzende von Demonstranten und Polizisten getötet hatten, nicht eindeutig geklärt. In widersprüchlichen Berichten und Behauptungen verschiedener Seiten wird angegeben, dass die Scharfschützen entweder für die umkämpfte Regierung, für die Demonstranten oder für Russland im Einsatz waren – alles nur, um die Spannungen weiter zu schüren. Nach Angaben einiger dieser Scharfschützen erhielten sie direkte Befehle von einem US-Offizier. Wäre das etwas, das die NATO – oder jemand, der mit der NATO verbunden ist – hätte sanktionieren können? Es ist unmöglich, das mit Gewissheit zu sagen, aber die Morde trugen dazu bei, die Massen anzustacheln und Janukowitsch schließlich aus dem Amt zu treiben.

Gleichzeitig fragte Reuters – damals im Jahr 2014 noch nicht so sehr von Kiews Unschuld überzeugt –, warum niemand wegen der Morde an Polizisten angeklagt wurde, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Staatsanwälte und der für die Ermittlungen zuständige Minister allesamt eine Rolle bei der Befeuerung dieser Aufstände gespielt haben.

Als Beleg dafür dient eine Videoaufnahme des Generalstaatsanwalts der Ukraine, Witali Jarema, wie er während der Proteste einem Verkehrspolizisten ins Gesicht schlägt. Inwieweit Jarema und zahlreiche andere Beamte in Kiew durch Geld aus dem Westen korrumpiert und kompromittiert wurden, wird nie bekannt werden, aber es ist immerhin noch eine Frage, die es wert ist, gestellt zu werden.

Eine andere Frage ist, warum die westlichen Medien im Laufe der letzten acht Jahre kaum über den Beschuss des Donbass durch ukrainische Truppen berichtet haben, der Heimat von Millionen von ethnischen Russen und Inhabern russischer Pässe. Gleichzeitig beschreiben zahlreiche Berichte – viele davon von ukrainischen Bürgern, die in die Kämpfe verwickelt waren – Gräueltaten und Kriegsverbrechen, die von ukrainischen Streitkräften begangen wurden, viele davon waschechte Neonazis, wie jene des Bataillon Asow. Diese Kräfte bombardierten wahllos Schulen, Krankenhäuser und Wohngebiete. Diese Augenzeugenberichte – um es noch einmal zu betonen – stammen direkt aus dem ukrainischen Volk.

Aber zurück zur NATO und der Ukraine. Die brutale Realität ist, wie Stoltenberg es mit seiner Bemerkung zusammenfasst, dass die Ukraine de facto bereits Mitglied der NATO ist, und zwar seit mindestens 2014. Wie der Gelehrte John Mearsheimer erklärte: "Das Bündnis begann 2014 mit der Ausbildung des ukrainischen Militärs durch die NATO und für die kommenden acht Jahre mit der Aufstellung von durchschnittlich 10.000 ausgebildeten Soldaten pro Jahr."

Die Bewaffnung der Ukraine geschah unabhängig davon, wer gerade im Weißen Haus saß. Im Dezember 2017 begann die Administration von Donald Trump, zusammen mit anderen NATO-Staaten "Waffen zur Verteidigung" in die Ukraine zu schicken, während die Ukraine selbst eine wichtige Rolle bei Militärübungen an der russischen Grenze spielte.

Die USA und die Ukraine haben gemeinsam die Übung "Sea Breeze" veranstaltet, eine jährlich stattfindende Marineübungen im Schwarzen Meer. Die Wiederholung dieser Übung im Juli 2021 war die bisher größte und umfasste Seestreitkräfte aus 32 Ländern. Im September desselben Jahres führte die ukrainische Armee "Rapid Trident 2021" durch, die vom Pentagon als "eine von der US-Armee in Europa und Afrika unterstützte jährliche Übung zur Verbesserung der Interoperabilität zwischen verbündeten und Partnerstaaten" beschrieben wurde.

Das Schlüsselwort ist hier "Interoperabilität", was dem "Nicht-NATO-Partner" Ukraine viel von dem spendet, was den regelmäßig zahlenden Vasallen der NATO bereits gegeben wird. Doch der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij fordert immer noch mehr – und die NATO kommt dem gerne nach.

Einige mögen argumentieren, dass die Ukraine absolut recht hatte, sich der NATO anschließen zu wollen, wenn man bedenkt, dass Russland die Krim "annektiert" und die Halbinsel in sein "Imperium" aufgenommen hat. Diese Ansicht wird in der NATO und unter ihren Vasallen gesät. In Wirklichkeit hielt die Bevölkerung der Krim ein demokratisches Referendum ab, in dem gefragt wurde, ob man Russland als föderales Subjekt wieder beitreten oder ob man die Verfassung der Krim von 1992 und somit den Status der Halbinsel als Teil der Ukraine wiederherstellen will.

Das Ergebnis hätte die Kritiker eigentlich zum Schweigen bringen müssen, machte sie aber nur noch wütender: 97 Prozent der abgegebenen Stimmen waren für die Integration der Region in die Russische Föderation, bei einer Wahlbeteiligung von 83 Prozent. Folglich unterzeichnete Präsident Wladimir Putin nach einer formellen Ratifizierung in der Staatsduma ein Dekret, das die Krim als souveränen Staat anerkennt – ohne dass auch nur ein Tropfen Blut vergossen wurde.

Man muss schon ein eingefleischter Russophober sein, um all das oben Genannte nicht zu verstehen oder nicht zumindest verstehen zu wollen, warum Russland seine spezielle Militäroperation in der Ukraine gestartet hat.

Übersetzt aus dem Englischen.

Robert Bridge ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er ist Autor von "Midnight in the American Empire – Wie Konzerne und ihre politischen Diener den amerikanischen Traum zerstören". Er twittert unter @Robert_Bridge.

Mehr zum Thema - Mit Lügen gegen Russland – Die Minsker Abkommen und die Doppelmoral des Westens

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